Mein Abschied aus der Redaktion des TAU-Magazins war kein Abbruch, sondern hat neue Formen der Kooperation geboren. Eine davon ist die Erfüllung eines lang gehegten Traumes: Kolumnist eines wirklich guten Magazins zu sein! Das Thema des aktuellen und hier erhältlichen Heftes war “lebensdienliches Wirtschaften”. Das ist für mich als selbständig Erwerbstätigen und für TAU als ganzheitliches Magazin — und vermutlich auch für dich, liebe Leserin, lieber Lesesr — besonders spannend. TAU geht es da ähnlich wie mir: Einesteils ein voll Dankbarkeit bestauntes Wunder, dass “es sich immer irgendwie doch ausgeht, weiterzumachen”, andererseits ein (fast) beständiger Schmerz, dass “es nicht und nicht in Fülle kommen will”.
Woran liegt das nur? Dazu gibt es viele viele Ansätze und Hilfestellungen, manche zielen darauf ab, die innere Einstellung zu ändern, um das Geld endlich in rauen Mengen zu mir / dir / uns fließen zu lassen, andere sehen den Fehler im Geldsystem selbst liegend und von daher nur dort zu beheben.
In einem intensiven Online-Austausch mit meinem Münchner “Kollegen” und Freund, Oliver Sachs, den ich bezeichnenderweise bei einer mehrtägigen Klausur des “Dialograum Geld Augsburg” kennengelernt habe, die ich moderiert habe, kommt diese Frage immer wieder auf den Tisch. Oliver beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv damit, warum das derzeitige Geldsystem lebensdienliches Wirtschaften erschwert, ja bestraft und er macht das auf eine für mich sehr ansprechende Art, nämlich über Geschichten. In erster Linie über Michael Endes Momo, zu der er (Oliver ist unter anderem Filmemacher) einen Film gedreht hat: 40 Jahre Momo.
Michael Ende hat in Momo wunderbar anschaulich und berührend beschrieben, wie das herrschene Geldsystem uns nahelegt, unsere Stundenblumen den “grauen Herren” zu überlassen, ja mehr noch, selbst immer mehr ein grauer Herr (oder eine graue Dame) zu werden! Auch die wesentliche Lösung aus diesen fatalen Grundeinstellungen ist darin enthalten. Momos wesenhafte Art des Seins und des Zuhörens. Denn ein verwandeltes Geldsystem ist keine rein technische Angelegenheit; es muss auf einem verwandelten Sein und verwandelten Beziehungen beruhen, beziehungsweise daraus entstehen!
Oliver hat im aktuellen TAU einen Artikel dazu geschrieben und es eröffnet sich die Möglichkeit, dass ein ganzes Sonderheft zu diesem Thema entsteht. Denn passend zu einem zentralen Symbol der “Wandel-Szene” geht es um die Transformation des “Raupengeldes” in “Schmetterlinggeld”. Dazu hier und an anderer Stelle mehr, zu einem späteren Zeitpunkt!
Jetzt drucke ich hier meine aktuelle “Weltübergangs-Kolumne” fürs TAU-Magazin in voller Länge ab. Diese beschäftigt sich inhaltlich mit dem Thema, wo die Einstellungs-Änderung beginnen “muss”. Denke ich zu kurz, gebe ich mir selbst die Schuld daran, wenn es finanziell nicht so läuft. Denke ich zu weit, erzeuge ich eine Ohnmacht in mir und nähre die Überzeugung, dass lebensdienliches Wirtschaften unter den gegebenen Verhältnissen eine Mangelwirtschaft sein muss! Aber auch strukturell ist die Kolumne ein Ausdruck des Themas: Einesteils ein erfüllter Traum, andernteils unbezahlt. Auch deshalb freue ich mich sehr über deine Unterstützung meiner Arbeit — und verweise auf die Möglichkeit eines Substack-Abos, den Kauf eines Buches und meine Sommeraktion. Herzlichen Dank!
TAU-Kolumne: Wie du dich selbst einstellst
… und mit dem Leben zusammenarbeitest!
Im Kern des lebensfreundlichen Wirtschaftens wohnt für mich der Wunsch, das Leben als mir freundlich gesinnt zu erfahren, OHNE dabei etwas zu behübschen oder mir in die Tasche zu lügen. Erfahre ich das Leben als grundsätzlich freundlich, entsteht von selbst der Wunsch mit dem Leben zusammenzuarbeiten, anstatt gegen es anzugehen.
Ich bin also auf der Suche nach Perspektiven, die mich entlasten und ermutigen UND mich dabei in meiner Verantwortung belassen. Man kann sich das wie das Drehen an der Einstellung für eine Sehhilfe verstehen, bis einem oder einer das Bild klar und leuchtend vor Augen steht. Diese Sichtweisen sind meist nicht allgemeingültig. Das bekannte Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“ kann für den einen eine profunde, ermunternde Wahrheit sein und für die andere eine böse Täuschung. In diesem Sinne besteht meine Arbeit für mich selbst und andere Menschen weniger darin, nach allgemeingültigen Wahrheiten zu fischen, sondern die jeweils passende Perspektive zu finden, die entlastet, ermutigt und die Verantwortungsfähigkeit, also die Fähigkeit von innen heraus auf das Leben zu antworten, stärkt.
Die Sichtweise, zum Beispiel, dass das derzeitige Wirtschafts- und Finanzsystem lebensfreundliches Wirtschaften enorm erschwert, weil Vernutzung und Profit gefördert werden und nicht wechselseitige Befruchtung, war für mich entlastend, weil dadurch klar wurde, dass viele der Schwierigkeiten, die wir und ich bei dieser Art des Wirtschaftens von innen heraus haben, nicht persönliches Versagen sind. Für jemand anderen kann dieselbe Erkenntnis niederschmetternd und entmutigend sein! Mir hilft sie, mich von calvinistischen Vorstellungen zu lösen, dass Gottes Wohlgefallen sich in finanziellem Erfolg ausdrückt. Ich kann dadurch die Freude an meinem Tun ungetrübt erleben, auch wenn der finanzielle Lohn sich nicht (gleich) üppig einstellt. Das gelingt mir auch deshalb, weil ich dennoch nicht an „Geld oder Leben“ glaube, also an die Zwangsläufigkeit der Wahl zwischen gutem Auskommen und der mir entsprechenden Art des Wirtschaftens. Sondern daran glaube, und es so erfahre, dass meine Freundlichkeit gegenüber dem Leben durch Freundlichkeit beantwortet wird, ich also inmitten aller Schwierigkeiten vom Leben getragen bin. Dies ist eine Freundlichkeit, die nicht mit Wunscherfüllung zu verwechseln ist, sondern die immer das zur Verfügung stellt, was ich für meinen Weg brauche.
Aber auch den „entgegengesetzten“ Glaubenssatz, dass Armut gottgefällig sei, oder in modernerer Version, dass ich hier auf Erden meinen Fußabdruck möglichst klein halten soll, empfinde ich als unnötig hemmend. Die Erbsünde oder das schlechte Gewissen belasten und entmutigen – und Menschen, die sich niederdrücken lassen, sind kein Beitrag zum „Himmel auf Erden“ oder dem „guten Leben für alle“!
Ermutigend und entlastend ist für mich, wenn ich die Freude am Tun – nicht als ständiger Spaß verstanden, sondern als innere Zustimmung – als unabhängig vom unmittelbaren finanziellen „Outcome“ erlebe. Das meint natürlich nicht, dass Resonanz und Feedback in meinem wirtschaftlichen Handeln keine Rolle spielen, im Gegenteil. Je weniger ich meinen Wert mit der Bewertung durch andere verknüpfe, desto leichter kann ich durch Rückmeldungen lernen. Ich will ja besser darin werden, meine Gaben in einer Weise zu entfalten und anzubieten, dass sie gut angenommen werden können!
So ist diese Arbeit des Findens der förderlichen und wahrhaftigen „Grundeinstellung“ für und mit anderen und für mich eine schöne Arbeit, auch wenn und weil sie mir nicht erspart, dort hinzublicken und anzukommen, wo ich noch fehle.
Lieber Michael, danke - wieder einmal - für diese Zeilen, die ganz viel positive Resonanz (also Zustimmung) in mir auslösen. Es ist, mit anderen Worten, das Wunder des Kontakts, das du hier beschreibst. Ich bin einerseits ein selbst-organisierendes System mit einem "Innen", das so oder so "eingestellt" sein kann und andererseits in permanentem Kontakt mit einem Umwelt-Feld, das sich ebenso auswirkt. Beides wirkt ständig aufeinander ein und prägt sich gegenseitig.
Ich finde es berührend wie du dich weigerst an "Geld oder Leben" zu glauben. Da scheint ein Innen zu sein, das etwas will. Es will verbinden, was fälschlicherweise als Widerspruch erscheint, nicht wahr? Es fühlt, dass dieser Widerspruch ein "künstlicher" ist, einer der nicht sein müsste, oder? Und doch ist er hier und jetzt auch real. Müssen wir das hinnehmen uns mit damit abfinden? Nein. Können wir uns einfach per Entschluss dieser Realität entziehen? Auch nicht. Es entsteht also ein intensiver Kontaktprozess, den du wunderbar beschreibst, wie ich finde. Was ich auch in deinen Zeilen lese, ist, wie wichtig es ist, "in der Mitte" des Kontakts zu bleiben und nicht in die Extreme (totale Anpassung und Selbstaufgabe vs. Überabgrenzung, Aggression, Groll) abzugleiten, einerseits für das eigene Seelenheil, aber auch, um dem Feld eine Chance zu geben, sich von den eigenen Impulsen inspirieren/verändern zu lassen.
Liebe Grüße,
Johannes